2023 war viel
Manche würden sagen, wer am 31. Dezember Zeit hat, um zu bloggen, der macht etwas falsch. Meiner Meinung nach ist es aber genau richtig.
Denn wie könnte man das Jahr besser ausklingen lassen, als beim besinnlichen Schreiben eines Blogposts. Und dabei handelt es sich hier gleich um einen doppelten Anschlag: In diesem Post werde ich den Jahresendfragebogen in Verbindung mit Katalogisierung von Kulturkonsum beleuchten, wie ich ihn anderswo gesehen habe, allerdings so angepasst, dass es für mich interessant bleibt. In einem zweiten Post werde ich dann das machen, was mittlerweile ein wenig Tradition geworden ist: Meine Top 25 Künstler*innen des Jahres auf Last.fm zusammenklauben und so das Jahr musikalisch Revue passieren lassen. So viel schon mal vorweg: Ein sonderlich musikalisches Jahr war 2023 für mich nicht.
Fragebogen
1. Zugenommen oder abgenommen?
Zugenommen. Definitiv. Ich wiege mich eher selten, aber es ist definitiv merkbar. Grund dafür ist allerdings eher erfreulich: Die geschlechtsangleichende Hormontherapie verlangsamt meinen Stoffwechsel, weshalb ich nicht unbedingt mehr essen muss, um mehr zu wiegen. So also quasi Gewicht für mentale Gesundheit eingetauscht. Würde ich wieder machen.
2. Haare länger oder kürzer?
Kürzer, und das finde ich auch gut so. Im Juni, vor dem DFB-Pokalfinale der Männer, war ich erstmals seit 2017 beim Friseur, um eine substantielle Menge Haare loszuwerden und ich bin bisher sehr zufrieden damit.
3. Mehr Kohle oder weniger?
Definitiv mehr. Am Anfang des Jahres hab ich noch für 240€ im Monat einen Kleinstjob an meiner Universität ausgeführt, mittlerweile arbeite ich in Teilzeit. Reich werde ich damit nicht, das liegt einerseits letztendlich doch am Stundenlohn, anderereits aber auch an der Inflation. Aber ein wenig mehr Ressourcen habe ich dann doch.
4. Die schönste Unternehmung?
Mit meiner Freundin und meiner besten Freundin Heiligabend zu verbringen war ein besonderes Highlight für mich. Weihnachten war lange Zeit für mich eine besonders schwierige Zeit, doch dieses Jahr konnte ich es zumindest an Heiligabend bzw. dann auch dem ersten Weihnachtsfeiertag so einrichten, dass ich wirklich meine Liebsten um mich herum hatte. Das war toll.
5. Die teuerste Anschaffung?
Der Laptop, auf dem ich das hier schreibe! Hauptsächlich für die Uni angeschafft, aber es hat eben auch im Privaten seinen Nutzen. 😈
6. Das leckerste Essen?
Weihnachtsessen, gekocht von meiner besten Freundin. Danke Vera!
7. Das beeindruckendste Buch?
Ich lese es zwar gerade noch, aber Feminismus für alle von bell hooks ist wirklich der Hammer. Wahrscheinlich werde ich, so ich denn mal damit fertig werde, einige Gedanken dazu auf meinem Bookwyrm-Account posten. Also Augen offen halten: @dxciBel@bookwyrm.social
8. Der berührendste Film?
Blind & hässlich war ein Film, der von der Beschreibung und der Prämisse her eigentlich nur furchtbar sein kann, vor allem wenn man im Hinterkopf hat, dass es sich um deutsches Kino handelt. Dem war allerdings nicht so, die Ezählung von Behinderung und Ängsten war erstaunlich respektvoll.
9. Das beste Lied?
Ohne dem kommenden Last.fm-Post zu sehr vorgreifen zu wollen, fand ich Romys Loveher wirklich sehr gut. Den endgültigen Titel muss ich aber am Ende doch Firewake von Zeal & Ardor überlassen. Das Zusammenspiel aus ruhigen Versen in Verbindung mit den Black Metal-Vocals und der bombastisch einschlagenden Zeile “Das ist! Krieg! Gegen! Jeden!” schafft es immer wieder, mich zur Bewegung zu animieren. Oftmals zum Leidwesen der anderen Menschen in der S-Bahn.
10. Das schönste Konzert?
Ich war nur auf einem Club-Konzert dieses Jahr. Seit der Pandemie sind die nicht nur teurer geworden, ich überlege auch immer noch sehr genau, ob ich eine mehrstündige Indoor-Veranstaltung besuche. Bei Open Air-Veranstaltungen mache ich mir da weniger Sorgen, alles andere wäre auch im Hinblick auf meinen Beruf widersinnig. Allerdings ist dafür das Fenster im Vergleich zu “normalen” Shows deutlich geringer. Will sagen: Das beste Konzert war Kvelertak in Verbindung mit den Cancer Bats im Schlachthof Wiesbaden. Die Bats sind Stimmungskanonen wie eh und je und auch bei Kvelertak packte mich irgendwann die Tanzwut. Ich schrieb darüber.
11. Die meiste Zeit verbracht mit?
Ganz klar: Mit der Eintracht! Der Fußball ist und bleibt meine primäre Leidenschaft. Viele Menschen durfte ich dieses Jahr immer und immer wieder sehen, und bei vielen ist es mir immer wieder eine Freude.
12. Die schönste Zeit verbracht mit?
Meiner Freundin, die auch jetzt gerade neben mir sitzt und auf ihrem Steam Deck Diablo spielt. Würde ich auch für nichts eintauschen wollen.
13. 2023 zum ersten Mal getan?
Schon wieder Fußball. Ich war dieses Jahr in Prag erstmals im Ausland bei einem Fußballspiel, noch dazu in einem europäischen Wettbewerb mit einem Verein, an den ich mein Herz verloren habe. Daran werde ich mich (hoffentlich) noch lange zurückerinnern können.
14. 2023 nach langer Zeit wieder getan?
Auto gefahren. Im Privatleben verlasse ich mich eigentlich vollends auf den ÖPNV. Allerdings ist das beruflich doch nochmal etwas anderes, da gehört Reisen eben dazu und dann muss man auch mal hinters Steuer. Weiß immer noch nicht genau, wie ich mich damit fühle. Die meisten Auswärtsfahrten ohne meinen Kollegen (der gerne Auto fährt, keine Sorge) habe ich dann doch mit der Bahn gemacht.
15. Drei Dinge, auf die ich gut hätte verzichten können?
Der Gedanke, dass die Pandemie jetzt auf einmal vorüber ist. Spätestens jetzt, in der kalten Jahreszeit, merkt man doch sehr, wie schädlich diese Überzeugung für viele ist. Auch ich war kranker als sonst: Häufiger und mit mehr spürbaren Folgen.
Generell die weitere Diskursverschiebung nach rechts. Einen Ruck will ich es nicht nennen, weil es ja stetig weitergeht und keine plötzliche Bewegung ist. Umso belastender.
Und der platte Reifen bei meinem neu erstandenen (von Kleinanzeigen) Fahrrad hätte auch nicht sein müssen.
16. Drei Dinge, auf die ich nicht hätte verzichten wollen?
Meinen Computer, mein Bett und die Gelegenheiten, die sich mir durch meinen Beruf eröffnen.
17. Die wichtigste Sache, von der ich jemanden überzeugen wollte?
Es war eine lange und nervenaufreibende Unternehmung, meine Freundin davon zu überzeugen, zu einem Fußballspiel zu kommen. Am Ende hat es geklappt, auch wenn es das Wolfsburg-Spiel im Waldstadion war, wo wir 2:4 verloren haben. Trotzdem war es mir immens wichtig, diesen Teil meines Lebens auch mal mit ihr teilen zu können.
18. 2023 war in einem Wort?
Viel.
Gedanken
So viel zu dem Fragebogen, aus dem ich mir die Fragen rausgepickt habe, die mir besonders spannend erschienen. Ganz fertig bin ich allerdings noch nicht. Viel mehr möchte ich mir diesen Moment einmal nehmen, um Revue passieren zu lassen, was in diesem Jahr, das ich eben noch als “viel” bezeichnet habe, eigentlich alles passiert ist.
Im Januar war ich, so gesehen, noch gänzlich unbedarft. Der Frauenfußball war auch so schon zentraler Fokuspunkt meines Denkens, doch ab Februar durfte ich das in Form einer Teilzeitstelle als Fanbetreuerin Frauenfußball bei Eintracht Frankfurt verwirklichen. Eine der ersten Fanbetreuerinnen im Frauenfußball, wohlgemerkt. In dem Zusammenhang habe ich viel erlebt und viel machen dürfen, aber auch darum herum habe ich das Studium endlich mal wieder ernst genommen und in meinem Privatleben lief es auch so wie man es sich wünschen würde: Ruhig, aber gut. Nicht alles ist hierbei uneingeschränkt toll, aber doch zumindest so, dass ich es für mich als allgemein positiv verbuchen würde.
Gleichzeitig ist 2023 gesamtgesellschaftlich ein unfassbar schwieriges Jahr gewesen und während bei mir so vieles gut lief, war das bei vielen anderen Menschen und auch politisch gesehen eher nicht so. Hier würde ich mir von mir selbst noch mehr aktives Engagement wünschen. Das muss nicht heißen, dass ich jetzt anfangen soll, Parteiarbeit zu leisten – auch wenn ich bereits Mitglied in einer bin. Sondern viel mehr wäre es mir wichtig, nach meinen Möglichkeiten einfach ein positives Element im Leben anderer zu sein und zu helfen, wo ich kann. Denn, und das mag vielleicht kontrovers klingen, Empathie ist die stärkste Politik. Gleichzeitig bleibe ich meinetwegen auch vergeblich hoffnungsvoll, dass wir in Deutschland nicht wieder beim Faschismus landen. Das war schon beim letzten Mal eher Kacke.
In diesem Sinne ist das erstmal das, was das vergangene Jahr angeht. Ein medialer Rückblick folgt bald. Gute Gesundheit wünsche ich allen Leser*innen!
Anderswo im Fediverse als @dxciBel@fruef.social
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