Zum Begriff des Feministischen Kampftages

Heute ist der 8. März 2024. Viele bezeichnen diesen Tag als »Weltfrauentag« – andere als »Feministischen Kampftag«. Dazwischen besteht ein Unterschied.

Ein Foto von bell hooks vor neutralem Hintergrund, mit einem Mikrofon in der Hand

Ich persönlich begrüße den Begriff des Feministischen Kampftages. Denn er bringt zum Ausdruck, dass dieser Tag nicht nur ein Tag zum zelebrieren des Werkes von Frauen in der Geschichte und ihren Kämpfen in der Gegenwart ist, sondern auch ein Tag, an dem man darüber reden kann, was eigentlich ein feministischer Kampf ist – und warum auch Männer dazugehören.

Beim Scrollen auf Twitter, oftmals fälschlicherweise X genannt, wurde mir dieser Tweet auf die Timeline gespült:

Tweet von @Fianna_Saoirse: "Ich möchte das nochmal betonen: Der internationale Kampftag ist für Frauen da. Nicht für Männer. Und bevor ich jetzt umschmeichelnde TERF DMs bekomme: trans Frauen sind Frauen."

Dazu habe ich, auch auf Twitter, recht deutliche Worte gefunden, die ich auch hier nochmal kurz wiedergeben und etwas weiter ausführen möchte:

Du kannst nicht Kampftag sagen und dann sagen, dass er nicht für alle ist.

Dann sag halt Frauentag. Die Idee des Begriffs »Feministischer Kampftag« ist, einen Tag dem Kampf gegen das Patriarchat zu widmen. Auch Männer sind vom Patriarchat negativ betroffen, gehören deswegen auch dazu wenn man schon von einem Kampftag spricht.

Männern wird oft kein gesunder Umgang mit ihren Emotionen beigebracht. Aggression, Wut, auch oft körperliche Gewalt wird als normal, als Boys will be Boys angesehen. Weinen ist nur erlaubt, wenn die eigene Fußballmannschaft eine besonders bedeutsame Niederlage in Kauf nehmen muss, und wird auch dann als etwas besonderes angesehen. Dabei kann Weinen auch in Alltagssituationen eine unheimliche Katharsis bringen. Auch die Kommunikation über die eigenen Emotionen kommt oft zu kurz. Das führt dazu, dass Männer ihre Bedürfnisse nicht äußern können und sich Emotionen aufstauen, bis sie sich in ungesunden (für die Männer selbst und oftmals auch für Beteiligte) Ausbrüchen entladen. Kommunikation und das Erkennen der eigenen Gefühle und Bedürfnisse sind erlernte Fähigkeiten, keine natürlichen Gegebenheiten.

Sexuelle Belästigung an Männern, aber auch und insbesondere an Jungen, durch Frauen wird oftmals bagatellisiert. Die hier entstandenen Traumata können kaum aufgearbeitet werden, wenn man von allen Seiten hört, dass man sich doch gefälligst glücklich schätzen soll, die Aufmerksamkeit einer Frau bekommen zu haben. Auch Gewalt in Beziehungen durch Frauen an Männern wird oftmals belächelt. Es besteht keine Frage darüber, wie hier die Verteilung ist: Das Gros der körperlichen Gewalt in Beziehungen wird von Männern an Frauen verübt. Aber auch für die umgekehrte Perspektive muss Platz sein, um für Betroffene einen Heilungsprozess zu ermöglichen.

Männer müssen oft in ein sehr enges Bild von heteronormativer Männlichkeit passen. Makeup, Schmuck, mal ein Kleid oder High Heels tragen – selbst die falschen Hobbies können dafür sorgen, dass man sich in seinem Freundeskreis zum Gespött macht. Diese Rollenbilder werden vielleicht nicht von den Eltern, aber doch oft genug vom sozialen Umfeld in der Schule sehr früh an Jungen und junge Männer weitergegeben. Die Überwindung kostet viel Kraft, falls sie überhaupt geschieht, und sie zwängt Jungen und Männer in ein Rollenbild, das für sie vielleicht gar nicht passend ist.

All das sind negative Effekte des Patriarchats, die auch Männer erleben und die für sie und die Menschen in ihrem Umfeld schwerwiegende Folgen haben können. Viele Männer haben allerdings gar kein Bewusstsein dafür, was die negativen Auswirkungen des Patriarchats auf sie sind, oder wollen sie auch teilweise gar nicht wahrhaben. Teil eines empathischen Feminismus, eines Feminismus der dem Begriff des »Feministischen Kampftag« gerecht wird ist, auch Männer einzubeziehen und ihnen aufzuzeigen, dass sie durch den Feminismus auch einen Gewinn haben. Denn der Feminismus ist der Kampf gegen das Patriarchat und nicht der Kampf gegen Männer.

Further reading: Feminismus für Alle von bell hooks, auf Deutsch im Unrast Verlag. Wenn wir uns kennen leihe ich das Buch auch gerne aus. Ist sehr aufschlussreich. 😉

Edit: Ich wurde darauf hingewiesen, dass trans Männer natürlich auch FLINTA* sind. Auch das gehört zu einer Betrachtung des Feministischen Kampftages dazu – allein deswegen wäre es anmaßend, diesen Tag zu einem Tag ausschließlich für Frauen zu erklären. Vielen Dank für die Richtigstellung!


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