Videospiel-Rezension: Atlas Fallen
Einige meiner Gedanken, nachdem ich das neueste Spiel von Deck13 Entertainment gerade beendet habe.
Ich muss ganz ehrlich sein, mich reizte an Atlas Fallen von Anfang an das Mittelmaß – und vielleicht der Sand. Denn bereits im ersten Trailer des neuen Action-Rollenspiels von Deck13 Entertainment wurde klar, dass es sich hier um ein AA-Game handelt. Etwas mehr als ein Indie-Spiel, aber eben auch nicht genug Ressourcen, um den Titel AAA zu verdienen. Gute Ideen können auf dieser Ebene zu Spielen verarbeitet werden, die zwar Unterhaltung bieten, einen allerdings auch nicht unbedingt vom Hocker hauen. Genau die Erwartungen hat das Spiel für mich erfüllt.
Um mal kurz einen Crash-Kurs zu geben, worum es in dem Spiel eigentlich geht: Man wird als Namenloser (eine Klasse von Menschen mit ähnlichen Rechten wie Sklaven) in die Wüste geschickt und findet dort einen Gauntlet, der magische Kräfte besitzt... und aus irgendeinem Grund mit einem redet. Dieser Gauntlet gibt einem einige Fähigkeiten, die Normalsterbliche sonst nicht haben. Dazu gehört einerseits das sehr smoothe und spaßige Sandgleiten, mit dem man sich durch die Spielwelt bewegen kann, andererseits aber auch einige Kampffähigkeiten, mit denen man als einzige sterbliche Person effektiv die Sandphantome bekämpfen kann, die ihr Unwesen in der Spielwelt treiben. Natürlich kann man diesen Gauntlet im Laufe des Spiels auch upgraden und mit einigen Essenzsteinen versehen, die quasi passive und aktive Fähigkeiten sind, um einem das Leben zu vereinfachen. Würde man Kritik üben wollen, könnte man tatsächlich am ehesten anbringen, dass es davon zu viele gibt. Am Ende hatte ich mehrere Dutzend verschiedene Fähigkeiten freigeschaltet, von denen ich nur einen Bruchteil auch nur länger angeschaut, geschweige denn benutzt habe.
Eine Story gibt es in Atlas Fallen auch, die ist allerdings kaum der Rede wert und eigentlich nur ein Vehikel, um Spieler*innen durch die Spielwelt zu treiben und zum nächsten Gauntlet-Upgrade oder Kampf zu leiten. Keiner der Charaktere – der wortwörtlich namenlose Protagonist erst recht nicht – hat irgendeine interessante Charakterentwicklung oder auch nur eine spannende Prämisse. Dabei hilft nicht, dass Nyaal – die Stimme aus dem Gauntlet – mitunter etwas launisch, zumindest aber nebulös in seinen Andeutungen ist. Storytechnisch wird das dadurch erklärt, dass er selbst erst seine Erinnerungen erstmal zurückgewinnen muss und nebenbei auch ein jahrtausendealtes Gotteswesen ist. Nervig ist es allerdings trotzdem.
Aber all das ist mehr oder weniger Nebensache; Ziel des Spiels ist schließlich, Spieler*innen möglichst viel metzeln zu lassen. Dank der sehr dynamischen Bewegungs- und Kampfmechaniken würde ich Atlas Fallen in diesem Gebiet auch tatsächlich einen Erfolg attestieren. Und zwar lädt man durch Treffer an Gegnern eine Momentum-Leiste auf, die einem ermöglicht, mehr Schaden anzurichten und die oben angesprochenen Essenzsteine zu aktivieren. Das kommt mit dem Preis, dass man mit aufgeladener Momentum-Leiste auch einiges mehr an Schaden nimmt. So bietet das Spiel in jedem Kampf ein kleines Minigame bestehend aus dem Management des eigenen Momentums. In Kombination mit der sehr nachgiebigen Parier-Mechanik und den kleinen Luftsprints, die man zum Ausweichen und zum Überwinden der Distanz zu ferneren Gegnern benutzen kann, ist das Kampfsystem weitgehend zufriedenstellend, was das Spiel insgesamt recht kurzweilig macht.
Allerdings gibt es, neben der Handlung, auch einige weitere Mankos, die zu berücksichtigen sind. Zum einen lässt die deutsche Synchronfassung rein technisch einiges zu wünschen übrig. Die Synchronsprecher*innen bieten zwar nicht unbedingt Blockbuster-Feeling, sind aber immerhin passabel. Etwas unschön wird es allerdings, wenn einzelne Zeilen in der Hauptquest allerdings überhaupt nicht vertont zu sein scheinen oder vor dem Ende des Satzes abgebrochen werden – wohl, weil der Satz in der englischen Fassung kürzer ist. Hier merkt man, dass die deutsche Fassung von Deck13 etwas hektisch entstanden ist; ursprünglich war sie gar nicht eingeplant, das Spiel wurde sogar verschoben, um diese auf die große Nachfrage der Community hin noch einzupflegen.
Einige Bugs sind mir auf meiner Reise durch die Spielwelt auch begegnet, allerdings waren die nie so störend, dass sie mein Spielerlebnis nachhaltig beeinträchtigt hätten. Das einzige, was wirklich störend war, waren die Kampfareale für Elitegegner. Diese sind teilweise nicht direkt ersichtlich und so ist es mir das ein ums andere Mal passiert, dass ich in einem etwas länger anhaltenden Kampf unwissentlich das Areal verlassen habe, worauf Gegner despawned sind und ich den Kampf nochmal von vorne beginnen musste. Ein visueller Indikator in irgendeiner Form wäre hier praktisch gewesen. Auch ist das Level-Design insbesondere, wenn es um Vertikalität geht oftmals etwas unhandlich. Es passierte mir öfter als ich zugeben möchte, dass ich schlicht nicht wusste, wie ich an einen hoch gelegenen Ort komme, weil der Weg dorthin nicht direkt ersichtlich war. Das ist schade.
Doch auch all das berücksichtigt macht das schlichte Draufhauen auf Sandmonster einfach Spaß. Die Gegnervielfalt ist auch zufriedenstellend. Am Ende kennt man zwar alle Gegnertypen und ihre Angriffe gut genug, um damit ohne ins Schwitzen zu kommen umzugehen und gerade die kleineren Adds sind maximal eine billige Momentumquelle – aber das Spiel bietet eine Menge verschiedener Gegnertypen an, die alle ihre Eigenheiten haben und mitunter auch besondere Herausforderungen bilden. Für die versprochenen 15-20 Spielstunden sind es allemal genug verschiedene Gegnertypen, um das Aufkommen von Langeweile zu verhindern. So war Atlas Fallen insgesamt ein zufriedenstellendes Spielerlebnis, auch wenn ich dringend davon abraten würde, das Spiel im Vollpreis zu kaufen. Dafür hat es schlicht und ergreifend zu viele Macken. Für 20€, für die es beim Schreiben dieses Posts beispielsweise auch auf Steam im Sale ist, lohnt es sich allerdings allemal.
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